Geburtsbericht von Mingletingles zweiter Geburt.
Mini version:
8.11 (ET+3) Dienstag
2.37 Fruchtblase platzt in der Nacht
2.50 Ich stehe auf.
3.10 rufe Hebamme an um kurz zu sagen dass ich ein paar Wehen habe. Aber keine "echten" [denke ich!] Muss mich konzentrieren wenn die "Vor"Wehen kommen.
3.20 Ich schicke SMS an Nina, meine Doula (professionelle Geburtsbegleiterin)
4.10 Ich rufe Hebamme an und sagt ich habe das Gefühl ich habe Druck nach unten. Vertöne Wehen.
4.16 Jaime SMS Nina, der Doula, "come over". Sie sagt sie wird 1.5h brauchen.
4.30 unser Sohn wacht auf und tappert ins Wohnzimmer
4.48 Jaime ruft Ashley an. Sie schlägt vor Sanitäter zu rufen. Ich denke nicht nötig.
4.54 Ich Schreie meinem Mann Mitt-Wehe zu er soll nun den Krankenwagen rufen.
5.15 Ehemann schickt SMS zu Freundin Sam: Baby auf dem Weg.
5.18 Marnie die Hebamme kommt an. "MARNIE MARNIE, du bist hier, du bist hier!!!"
5.22 Sanitäter kommen an, Sam ist da
5.25 Nina (Doula) ist da
Ich habe starke Presswehen. Spüre genau was geschieht und was ich zu tun habe. Erst der kopf, den ich fest halte, dann der Körper, den Marnie auffängt.
5.41 Baby Boy ist geboren
Vom platzen der Blase bis Geburt: 3h 4min.
Vom Wehenbeginn bis zur Geburt: unter 2.5h.
Extendete Version: Vorsicht lang. Macht euch erst einmal einen Kaffee oder Tee!!
7.11 (ET+2) Montag. 12.30 Eipollösung #4(!), gefolgt von Einleitender Akupuntkur, mit Homöopathie. Abends um 17.30 Wehencocktail daheim (abgesprochen) mit niedrig dosiertem Rizinusöl und ohne Alkohol. Dies war der letzte Versuch vor Einleitung, da ich öfter mal stark reduzierte Kindsbewegungen hatte und langsam die Nerven verliere!
Zwei mal kurz klogang nachdem ich zum Bett bin.
8.11 (ET+3) Dienstag
2.37 Fruchtblase platzt in der Nacht. Erst trickelt es ein bisschen zwischen meinen Beinen. Ich sage meinem Mann er soll schnell das Handtuch aus dem Gästeklo nebenan holen. Macht er. Er kommt wieder und ich rufe nur: schnell noch ein großes, das reicht nicht - und patsch!!! (Da wir familienbett haben und unser Sohn erst seit 3 Monaten nachts ohne Windel schläft haben wir glücklicherweise auf unserem Bett: wasserfester Bezug, dann Laken, dann nochmal wasserfester Bezug und nochmal Laken drauf. Sprich nur schnell abziehen und alles ist frisch drunter.) Ich wackele zum Klo. Mein Mann zieht Bett ab. Fruchtwasser auf dem Bettbezug sauber, keine Verfärbung. Prima, alles gesund.
Ich lege mich wieder hin, Ausruhen, wer weiß wie lange das jetzt dauert? (Haha lach!)
Mein Mann steht allerdings auf, er ist wach. Will den Kamin anmachen (traditionelle Heizweise in der Gegend wo wir im Bundestaat Victoria, Australien, leben) und bisschen vorbereiten. Gegen kurz vor 3.00 Uhr stehe ich auch auf, schicke meinem Mann allerdings noch eine SMS ans andere Ende vom Haus (jaja soweit ist es in unserem Zeitalter gekommen!) dass er bitte alles Licht dimmen soll. Wollte meine Hormone nicht falsch rum anfeuern, da ich weiß dass das magische zwischen Oxitocyn und Melatonin stattfindet. Er alles dunkel. Haben nur eine Lichterkette im Küche Bereich und im offenen Wohnzimmer nur eine Salzlampe. Schieben schnell den Wohnzimmertisch weg und machen Platz für den Pool. Ich lege mir eine meiner yoga Matten vors Sofa, mit Kissen drauf, dass ich dort für die Wehen das atmen üben kann. Gegen kurz nach 3 kamen dann, was ich dachte!, Übungswehen. Mein Mann wollte dass ich die Hebamme anrufe. Ich meinte nur dass das keine echten Wehen seien. Ich übe nur das Atmen meinte ich *achso* Hab dann kurz Wehen auf dem Timer gestoppt. Waren kurz, 40 Sekunden (also ganz klar keine echten Wehen *still*) aber schon 2.5 Minuten hintereinander.
Ok ok ich rufe die Hebamme an. Erzähle ihr von den leichten Wehen. Sms an Doula Nina, zur Vorwarnung.
Auf einmal ist eine Stunde um. Ich bin die ganze Zeit schön im vierfüsslerstand auf meiner Yogamatte, Ellenbogen auf dem Sofa, Stirn in meinen Handflächen, und halte mich mit Handy Knöpfchen drücken zum Messen der Länge der Wehen beschäftigt. Ich merke selber gar nicht so recht dass ich mittlerweile in einen Ur-Ton verfalle wenn meine kurzen Wehen kommen. Ein tiefes, uriges, lautes, allumfassendes ohhhhhhhhhhhhh. Einatmen und wieder dieses langsame ausatmen, tief und kräftig und urig.
Mein Mann meint ich solle doch bitte nun die Hebamme anrufen. Ich sage ihm dass sich das total anders anfühlt als bei meinem Sohn. Das es nicht so schnell geht. Rufe Hebamme an und merke auf einmal dass das Kind runter rutscht. Ins Becken? In den geburtskanal? Keine Ahnung. Druck.
Irgendwo hier kam unser Sohn dazu. Wir wissen nicht genau wann aber es war bevor wir den KW riefen. Er tapperte einfach dazu. Ich erklärte kurz dass das Baby kommt und er keine Angst haben braucht. Er nur: ich weiß. Und dann war er auch schon aus meinen Gedanken. Ich wusste das passt. Mein Mann war von vorne rein seine "Person". Das war so abgemacht.
Mein Mann schickt SMS an Doula, sie soll sich mal auf den Weg machen. Laut Telefon Log rief er dann um 4.48 die ersatz Hebamme an - meine war gar nicht im Dienst! Aber hatte wohl Ashlea gesagt sie solle doch bitte privat anrufen falls ich das Kind bekomme. Ashlea meinte sie könne hören es geht schnell. Er solle doch die Sanitäter anrufen dass jemand da ist, weil sie 1.5h brauche und Marnie, meine Hebamme, ca 45minuten. Ich nur: brauche keinen Krankenwagen. Alles ok hier.
Ganze zwei Wehen später, Panik: Jaimeeeeeee call the ambulance! This baby is commmiiiiiiinggggg! Aha der Groschen ist wohl endlich gefallen dass ich wirklich Wehen habe!
Somit wurde um 4.54 laut Call Log dann KW gerufen. Erstmal alles erklärt: ja, geplante Hausgeburt. Ja, Hebammen auf dem Weg. Sie ist 36 Jahre alt. Ja zweites Kind. Muss sie pressen? Und als wenn das das Wort des Tages war ich nur: No No No I think i am pushing. I am pushing no!!!!!
Sanitäter auf dem Weg. Mein Mann bringt Handtücher falls er nur dieses Baby auf die Welt bringen muss.
Irgendwie schafft mein Mann noch SMS an unsere Freundin Sam zu schicken. Vielleicht war das aber auch vor dem KW Telefonat. Egal. Ich hab davon eh nichts mitbekommen. War voll in meiner Zone.
5.18 Marnie meine Hebamme kommt an. Sie muss gefahren sein wie die gesenkte Sau! Und Gott sei dank ist ihr kein Kängurus oder wallaby vors Auto gesprungen. Ist sehr gefährlich hier in der Nacht. Mein Mann sagt: Marnie ist hier. Ich nur: Marnie! Marnie! Oh Marnie du bist hier! Du bist hier!!! Und Zack, weiter geht es mit den Wehen. Jede Wehe verkünde ich (keine Ahnung wieso??): here we go again. Gefolgt von dem wunderbaren tiefen ooooaaaahhhhhhhhhhhh. Fast wie das Omm in der Yoga klasse, nur halt nicht ommmm sondern ooooooaaaaaahhhh. Naja.
Marnie fragt ob wir den Pool füllen wollen? Ich winke ab. Passt schon.
Ab da geht es schnell. Ich halte nicht mehr zurück. Marnie ist da. Alles ist gut. Es gibt einen Moment wo so viel in mir passiert, der Druck nach unten, dass ich mich lautstark mitten in der Wehe beschwere: jaime!!! Marnie! Marnieeeee!! Ich brauche euch. Ich bin alleine! Aber Marnie musste schnell ihre Sachen aufbauen, Medikamente und co. Und mein Mann, keine Ahnung, war glaube ich bei unserm Sohn.
Die Sanitäter kamen und meinten: wir müssen Licht anmachen. Ich wurde zur Löwin und habe meine Geburtshöhle verteidigt, und grade noch vor der nächsten Wehe bellen können: no light!!!! No light!!!! Dann sprang mein Mann ein und meinte sie können am anderen Ende vom offenen Wohnraum gerne ihre Sachen im Licht machen. Das kam mir ja gar nicht in die Tüte dass mir da jetzt zwei Fremde Leute meine Urkraft Zone kaputt machen indem sie mir da jetzt Licht anmachen. Pah!!
Ich hab zwischendurch nochmal gerufen dass ich pressen muss. Marnie war dann neben bzw. hinter mir. Auf einmal war Nina neben mir und hat mir den Kopf gehalten, mir zugesprochen. Ich konnte mein Baby ganz tief fühlen. Im Geburtskanal. Wobei es da ja schon ne Weile war, aber jetzt halt endlich aktiver, da ich ja alle da hatte. Ich musste pressen, wollte endlich pressen, hatte aber auch Angst vor dem "crowning" (da ich bei meinem Sohn im KH eine Lokalanästhesie zwecks Saugglocke hatte, ich daher also nie dieses brennen erfahren hatte). Ich meinte ich habe Angst vor dem Crowning. Es sei ok. Ich soll machen. Ich schon das Baby weiter Richtung Ausgang. Aua es war eng! Marnie meinte sie könne ein kleines bisschen Kopf sehen. Was? Nur ein kleines bisschen? Ich dachte der ist fast draußen? Schwupp zog sich der Kopf zurück in den Kanal. Ich war gleichzeitig erleichtert nochmal davon gekommen zu sein, aber auch verärgert weil ich es nun nochmal so weit pressen musste. Ich nur: oh nein es geht in die falsche Richtung. Alles ok, dein Körper beschützt dich vor Verletzung. Es ist alles so wie es sein soll. Dann nochmal Presswehe. Ich schiebe. Habe die Hand an der Scheide zwischen meinen Beinen, und fühle wie sich alles weitet. Und fühle ein bisschen Kopf. Diesmal, ganz einfach so, fange ich an zu hecheln. Ohne es zu wissen halte ich den Kopf durch das hecheln genau da wo er ist, ohne dass er zurück gesogen wird. Dann nochmal presswehe. Ich weiß dass ich da jetzt durch muss. Es tut weh. Ich schreie: it hurts it hurts it huuuuurrrrrtsssss. Und plopp der Kopf schiebt sich raus. Langsam, ich spürte alles, aber es war Wahnsinn!!! Der Kopf war draußen. Ich halte ihn mit meiner linken Hand. Eine kleine Ewigkeit vergeht. Ich frage noch: und was passiert jetzt? Weil so viel Zeit zu vergehen schien?! Marnie meinte: bei der nächsten Wehe kommt der Rest. Marnie meinte später sie habe kurz mit der Taschenlampe auf mein Baby geleuchtet, und er habe nur gezwinkert, als wenn: heyyyyy!! Was soll das??
Dann, 5.41 Uhr, schwupp der Körper. Marnie schnappt das Baby auf. Gibt es mir. Ich heule. Begrüße das Baby. Es schreit. Gucke auf und sehe wer da ist. Sage zu meinem Sohn: komm, lass uns schauen was es ist? Und schaue selber nach, lasse meinen Sohn aber (ganz leise und scheu (auf deutsch)) verkünden: ein Junge! Wir sitzen erst zu viert auf dem Boden im Wohnzimmer. Ich bin so baff! Wahnsinn. Er ist da. Geboren zu Hause. So wie ich es gehofft hatte. Unglaublich.
Dann setze ich mich vorsichtig aufs Sofa. Wasserdichte Bezüge und alte Laken hatten wir ja schon vorher aufgezogen. Ich sehe Sam und wundere mich wo sie denn auf einmal her kommt? Es wird gekuschelt, Haut auf Haut. Niemand unterbricht. Es ist eine wundervolle Atmosphäre- irgendwie ganz feierlich. Langsam löst sich die "Zuschauermenge" auf. Die Ersatzhebamme kommt an (war ja auch ne lange Anreise). Papierkram, Sanitäter machen sich auf, ich rede mit Sam, und mit Nina. Dann wird kurz Herzchen gehört. Mein Blutdruck gemessen. Irgendwann schneiden wir die Nabelschnur - das macht mein Mann, unser Sohn schaut zu. Jemand reicht mir einen Kakao. Mmh lecker. Es wird Tee gekocht. Viel passiert und dennoch ist es ruhig und leise. Ich kuschele mit unserem neuen Sohn.
Nach ca 1h meint Marnie ich muss jetzt die Plazenta rauspressen. Es sei fast eine Stunde und wenn ich sie natürlich haben will muss sie nun raus. Also setzte ich mich auf eine Art Geburtstuhl und versuche dass die Schwerkraft hilft. Unser Sohn ist bei meinem Mann auf dem Arm. Es passiert nicht richtig was und ich soll meinen Sohn wieder nehmen, wegen der Hormone. Und, voila!, sobald ich ihn wieder habe und presse kommt die Plazenta raus. Mein Bauch wird a gefühlt und die Plazenta beäugt und untersucht. Alles so wie es sein soll.
Durch den Vorhang sehe ich Licht. Nina räumt auf, langsam verwandelt sich der Raum wieder in ein Wohnzimmer. Wir ziehen die Vorhänge auf und es ist wunderbar hell. Guten Morgen! Irgendwer kocht ein leckeres Frühstück. Ich hatte mittlerweile 3 Tassen Kakao getrunken. Tat so gut! Nina und ich essen unser Frühstück auf dem Sofa. Unsere Hebammen machen weiterhin Papier Kram (die armen!). Baby wird nochmal untersucht. Ich frage wann wir ihn wiegen? Wann ich will! Ok, prima, dann jetzt. Also wird er gewogen. 3.52kg. Gemessen (unter Protest!) 53cm und ein KU von 37cm. Seine Hüften sind prima. Sein Zungenband nur ein bisschen ausgeprägt. Alles prima. Ich werde auch nochmal untersucht. Kein Riss, nur innen ein Kratzer der wohl beim Wasser lassen bisschen brennen könnte.
Ich rede mit Marnie und Nina über die Geburt. Wahnsinn. Ich fand es so toll. Wir lachen, erzählen. Sie meinten ich habe es toll gemacht. Ich bin so dankbar dass Marnie da war, obwohl sie gar keinen Dienst hatte! Sie wollte diese Geburt aber nicht verpassen und hatte Ashlea gebeten sie auf der privaten Nummer anzurufen.
Ich weiß nicht mehr wer zu erst geht. Ich glaube Sam. Sie kam später mit heißem Essen für uns zurück! Irgendwann machte Nina sich auch den Weg, und dann die Hebammen. Ich hab mich ins Bett gelegt zum ausruhen und kuscheln. Wir reden zu viert über die Geburt.
Ich weiß nicht ob sich ein "Tatsachen" Bericht so gut liest wie es sich angefühlt hat. Denn ich habe diese Geburt als unglaublich heilend gegenüber der ersten empfunden. Auch wenn ich am Anfang nicht geglaubt habe dass es echte Wehen waren, war ich den Rest der Zeit so intuitiv dabei. Ich habe alles so deutlich gespürt. Und auch wenn es kurze Momente des Zweifels gab, hat mich das nicht zurück gehalten und ich bin mit der nächsten Welle dann doch wieder richtig eingetaucht. Ich wusste ich kann es. Ich wusste mein Kind kann es. Und dass mein Körper genau das macht was er machen musste. Dieser Ur-Ton des Vertönens war so, ich weiß gar nicht wie ich es ausdrücken soll?, so kraftvoll, so urig. Als wenn ich in eine Weiblichkeit einklinke, die sich seit Menschenszeiten durch alle Frauen der Geschichte und der Welt zieht. Ich bin so unglaublich stolz. Fühle mich unverwundbar. Was für ein Erlebnis.
Mein Mann meinte nachher er sei nie so erleichtert gewesen überhaupt jemanden an der Haustür zu empfangen! Aber dass er auch wusste, dass es auch ohne Hilfe gegangen wäre. Wir hatten mit Marnie vor 3 Tagen geredet was wäre wenn es so schnell geht. Sie meinte, schnelle Geburten sind oft komplikationsfrei. Und daran hat mein Mann sich auch festgehalten. Er hat echt einen kühlen Kopf behalten. Und wow, ist er stolz auf mich. So so stolz.
Und mein Sohn? Ich bin so stolz auf ihn dass er dabei war. Am Abend hat er mir erzählt er sei froh dass Papa bei ihm war. Dass das Baby süß sei. Dass er so froh sei dass das Baby "bald" da war. Noch froher als ich, meinte er zu mir.
Wir leben uns gut ein. Ich warte auf die Milch, und der kleine wohl auch!
Er schläft sehr viel. Glaube nicht dass ich heute Nacht viel Schlaf bekomme, denn er war kaum wach! Weder Inn seiner ersten Nacht. Noch an seinem zweiten morgen. Macht nichts. Ich habe mir über die letzten Monate beigebracht Nickerchen zu machen. Hat ein bisschen gedauert aber jetzt hab ich den Trick raus! Jetzt ratzt er weiter auf mir während ich das schreibe. Es ist schon spät Nachmittag hier in Australien. Gleich gibt es Abendessen, dann ist Bettzeit für den großen. Soweit macht er es toll. Ist noch nicht eifersüchtig,nur bisschen müde - es war ein langer Geburts Tag. Und auch heute war der Tag schon lang.
Vielen Dank an meine Störchin, Poon!
*knutschen*
LG Mingle
Mini version:
8.11 (ET+3) Dienstag
2.37 Fruchtblase platzt in der Nacht
2.50 Ich stehe auf.
3.10 rufe Hebamme an um kurz zu sagen dass ich ein paar Wehen habe. Aber keine "echten" [denke ich!] Muss mich konzentrieren wenn die "Vor"Wehen kommen.
3.20 Ich schicke SMS an Nina, meine Doula (professionelle Geburtsbegleiterin)
4.10 Ich rufe Hebamme an und sagt ich habe das Gefühl ich habe Druck nach unten. Vertöne Wehen.
4.16 Jaime SMS Nina, der Doula, "come over". Sie sagt sie wird 1.5h brauchen.
4.30 unser Sohn wacht auf und tappert ins Wohnzimmer
4.48 Jaime ruft Ashley an. Sie schlägt vor Sanitäter zu rufen. Ich denke nicht nötig.
4.54 Ich Schreie meinem Mann Mitt-Wehe zu er soll nun den Krankenwagen rufen.
5.15 Ehemann schickt SMS zu Freundin Sam: Baby auf dem Weg.
5.18 Marnie die Hebamme kommt an. "MARNIE MARNIE, du bist hier, du bist hier!!!"
5.22 Sanitäter kommen an, Sam ist da
5.25 Nina (Doula) ist da
Ich habe starke Presswehen. Spüre genau was geschieht und was ich zu tun habe. Erst der kopf, den ich fest halte, dann der Körper, den Marnie auffängt.
5.41 Baby Boy ist geboren
Vom platzen der Blase bis Geburt: 3h 4min.
Vom Wehenbeginn bis zur Geburt: unter 2.5h.
Extendete Version: Vorsicht lang. Macht euch erst einmal einen Kaffee oder Tee!!
7.11 (ET+2) Montag. 12.30 Eipollösung #4(!), gefolgt von Einleitender Akupuntkur, mit Homöopathie. Abends um 17.30 Wehencocktail daheim (abgesprochen) mit niedrig dosiertem Rizinusöl und ohne Alkohol. Dies war der letzte Versuch vor Einleitung, da ich öfter mal stark reduzierte Kindsbewegungen hatte und langsam die Nerven verliere!
Zwei mal kurz klogang nachdem ich zum Bett bin.
8.11 (ET+3) Dienstag
2.37 Fruchtblase platzt in der Nacht. Erst trickelt es ein bisschen zwischen meinen Beinen. Ich sage meinem Mann er soll schnell das Handtuch aus dem Gästeklo nebenan holen. Macht er. Er kommt wieder und ich rufe nur: schnell noch ein großes, das reicht nicht - und patsch!!! (Da wir familienbett haben und unser Sohn erst seit 3 Monaten nachts ohne Windel schläft haben wir glücklicherweise auf unserem Bett: wasserfester Bezug, dann Laken, dann nochmal wasserfester Bezug und nochmal Laken drauf. Sprich nur schnell abziehen und alles ist frisch drunter.) Ich wackele zum Klo. Mein Mann zieht Bett ab. Fruchtwasser auf dem Bettbezug sauber, keine Verfärbung. Prima, alles gesund.
Ich lege mich wieder hin, Ausruhen, wer weiß wie lange das jetzt dauert? (Haha lach!)
Mein Mann steht allerdings auf, er ist wach. Will den Kamin anmachen (traditionelle Heizweise in der Gegend wo wir im Bundestaat Victoria, Australien, leben) und bisschen vorbereiten. Gegen kurz vor 3.00 Uhr stehe ich auch auf, schicke meinem Mann allerdings noch eine SMS ans andere Ende vom Haus (jaja soweit ist es in unserem Zeitalter gekommen!) dass er bitte alles Licht dimmen soll. Wollte meine Hormone nicht falsch rum anfeuern, da ich weiß dass das magische zwischen Oxitocyn und Melatonin stattfindet. Er alles dunkel. Haben nur eine Lichterkette im Küche Bereich und im offenen Wohnzimmer nur eine Salzlampe. Schieben schnell den Wohnzimmertisch weg und machen Platz für den Pool. Ich lege mir eine meiner yoga Matten vors Sofa, mit Kissen drauf, dass ich dort für die Wehen das atmen üben kann. Gegen kurz nach 3 kamen dann, was ich dachte!, Übungswehen. Mein Mann wollte dass ich die Hebamme anrufe. Ich meinte nur dass das keine echten Wehen seien. Ich übe nur das Atmen meinte ich *achso* Hab dann kurz Wehen auf dem Timer gestoppt. Waren kurz, 40 Sekunden (also ganz klar keine echten Wehen *still*) aber schon 2.5 Minuten hintereinander.
Ok ok ich rufe die Hebamme an. Erzähle ihr von den leichten Wehen. Sms an Doula Nina, zur Vorwarnung.
Auf einmal ist eine Stunde um. Ich bin die ganze Zeit schön im vierfüsslerstand auf meiner Yogamatte, Ellenbogen auf dem Sofa, Stirn in meinen Handflächen, und halte mich mit Handy Knöpfchen drücken zum Messen der Länge der Wehen beschäftigt. Ich merke selber gar nicht so recht dass ich mittlerweile in einen Ur-Ton verfalle wenn meine kurzen Wehen kommen. Ein tiefes, uriges, lautes, allumfassendes ohhhhhhhhhhhhh. Einatmen und wieder dieses langsame ausatmen, tief und kräftig und urig.
Mein Mann meint ich solle doch bitte nun die Hebamme anrufen. Ich sage ihm dass sich das total anders anfühlt als bei meinem Sohn. Das es nicht so schnell geht. Rufe Hebamme an und merke auf einmal dass das Kind runter rutscht. Ins Becken? In den geburtskanal? Keine Ahnung. Druck.
Irgendwo hier kam unser Sohn dazu. Wir wissen nicht genau wann aber es war bevor wir den KW riefen. Er tapperte einfach dazu. Ich erklärte kurz dass das Baby kommt und er keine Angst haben braucht. Er nur: ich weiß. Und dann war er auch schon aus meinen Gedanken. Ich wusste das passt. Mein Mann war von vorne rein seine "Person". Das war so abgemacht.
Mein Mann schickt SMS an Doula, sie soll sich mal auf den Weg machen. Laut Telefon Log rief er dann um 4.48 die ersatz Hebamme an - meine war gar nicht im Dienst! Aber hatte wohl Ashlea gesagt sie solle doch bitte privat anrufen falls ich das Kind bekomme. Ashlea meinte sie könne hören es geht schnell. Er solle doch die Sanitäter anrufen dass jemand da ist, weil sie 1.5h brauche und Marnie, meine Hebamme, ca 45minuten. Ich nur: brauche keinen Krankenwagen. Alles ok hier.
Ganze zwei Wehen später, Panik: Jaimeeeeeee call the ambulance! This baby is commmiiiiiiinggggg! Aha der Groschen ist wohl endlich gefallen dass ich wirklich Wehen habe!
Somit wurde um 4.54 laut Call Log dann KW gerufen. Erstmal alles erklärt: ja, geplante Hausgeburt. Ja, Hebammen auf dem Weg. Sie ist 36 Jahre alt. Ja zweites Kind. Muss sie pressen? Und als wenn das das Wort des Tages war ich nur: No No No I think i am pushing. I am pushing no!!!!!
Sanitäter auf dem Weg. Mein Mann bringt Handtücher falls er nur dieses Baby auf die Welt bringen muss.
Irgendwie schafft mein Mann noch SMS an unsere Freundin Sam zu schicken. Vielleicht war das aber auch vor dem KW Telefonat. Egal. Ich hab davon eh nichts mitbekommen. War voll in meiner Zone.
5.18 Marnie meine Hebamme kommt an. Sie muss gefahren sein wie die gesenkte Sau! Und Gott sei dank ist ihr kein Kängurus oder wallaby vors Auto gesprungen. Ist sehr gefährlich hier in der Nacht. Mein Mann sagt: Marnie ist hier. Ich nur: Marnie! Marnie! Oh Marnie du bist hier! Du bist hier!!! Und Zack, weiter geht es mit den Wehen. Jede Wehe verkünde ich (keine Ahnung wieso??): here we go again. Gefolgt von dem wunderbaren tiefen ooooaaaahhhhhhhhhhhh. Fast wie das Omm in der Yoga klasse, nur halt nicht ommmm sondern ooooooaaaaaahhhh. Naja.
Marnie fragt ob wir den Pool füllen wollen? Ich winke ab. Passt schon.
Ab da geht es schnell. Ich halte nicht mehr zurück. Marnie ist da. Alles ist gut. Es gibt einen Moment wo so viel in mir passiert, der Druck nach unten, dass ich mich lautstark mitten in der Wehe beschwere: jaime!!! Marnie! Marnieeeee!! Ich brauche euch. Ich bin alleine! Aber Marnie musste schnell ihre Sachen aufbauen, Medikamente und co. Und mein Mann, keine Ahnung, war glaube ich bei unserm Sohn.
Die Sanitäter kamen und meinten: wir müssen Licht anmachen. Ich wurde zur Löwin und habe meine Geburtshöhle verteidigt, und grade noch vor der nächsten Wehe bellen können: no light!!!! No light!!!! Dann sprang mein Mann ein und meinte sie können am anderen Ende vom offenen Wohnraum gerne ihre Sachen im Licht machen. Das kam mir ja gar nicht in die Tüte dass mir da jetzt zwei Fremde Leute meine Urkraft Zone kaputt machen indem sie mir da jetzt Licht anmachen. Pah!!
Ich hab zwischendurch nochmal gerufen dass ich pressen muss. Marnie war dann neben bzw. hinter mir. Auf einmal war Nina neben mir und hat mir den Kopf gehalten, mir zugesprochen. Ich konnte mein Baby ganz tief fühlen. Im Geburtskanal. Wobei es da ja schon ne Weile war, aber jetzt halt endlich aktiver, da ich ja alle da hatte. Ich musste pressen, wollte endlich pressen, hatte aber auch Angst vor dem "crowning" (da ich bei meinem Sohn im KH eine Lokalanästhesie zwecks Saugglocke hatte, ich daher also nie dieses brennen erfahren hatte). Ich meinte ich habe Angst vor dem Crowning. Es sei ok. Ich soll machen. Ich schon das Baby weiter Richtung Ausgang. Aua es war eng! Marnie meinte sie könne ein kleines bisschen Kopf sehen. Was? Nur ein kleines bisschen? Ich dachte der ist fast draußen? Schwupp zog sich der Kopf zurück in den Kanal. Ich war gleichzeitig erleichtert nochmal davon gekommen zu sein, aber auch verärgert weil ich es nun nochmal so weit pressen musste. Ich nur: oh nein es geht in die falsche Richtung. Alles ok, dein Körper beschützt dich vor Verletzung. Es ist alles so wie es sein soll. Dann nochmal Presswehe. Ich schiebe. Habe die Hand an der Scheide zwischen meinen Beinen, und fühle wie sich alles weitet. Und fühle ein bisschen Kopf. Diesmal, ganz einfach so, fange ich an zu hecheln. Ohne es zu wissen halte ich den Kopf durch das hecheln genau da wo er ist, ohne dass er zurück gesogen wird. Dann nochmal presswehe. Ich weiß dass ich da jetzt durch muss. Es tut weh. Ich schreie: it hurts it hurts it huuuuurrrrrtsssss. Und plopp der Kopf schiebt sich raus. Langsam, ich spürte alles, aber es war Wahnsinn!!! Der Kopf war draußen. Ich halte ihn mit meiner linken Hand. Eine kleine Ewigkeit vergeht. Ich frage noch: und was passiert jetzt? Weil so viel Zeit zu vergehen schien?! Marnie meinte: bei der nächsten Wehe kommt der Rest. Marnie meinte später sie habe kurz mit der Taschenlampe auf mein Baby geleuchtet, und er habe nur gezwinkert, als wenn: heyyyyy!! Was soll das??
Dann, 5.41 Uhr, schwupp der Körper. Marnie schnappt das Baby auf. Gibt es mir. Ich heule. Begrüße das Baby. Es schreit. Gucke auf und sehe wer da ist. Sage zu meinem Sohn: komm, lass uns schauen was es ist? Und schaue selber nach, lasse meinen Sohn aber (ganz leise und scheu (auf deutsch)) verkünden: ein Junge! Wir sitzen erst zu viert auf dem Boden im Wohnzimmer. Ich bin so baff! Wahnsinn. Er ist da. Geboren zu Hause. So wie ich es gehofft hatte. Unglaublich.
Dann setze ich mich vorsichtig aufs Sofa. Wasserdichte Bezüge und alte Laken hatten wir ja schon vorher aufgezogen. Ich sehe Sam und wundere mich wo sie denn auf einmal her kommt? Es wird gekuschelt, Haut auf Haut. Niemand unterbricht. Es ist eine wundervolle Atmosphäre- irgendwie ganz feierlich. Langsam löst sich die "Zuschauermenge" auf. Die Ersatzhebamme kommt an (war ja auch ne lange Anreise). Papierkram, Sanitäter machen sich auf, ich rede mit Sam, und mit Nina. Dann wird kurz Herzchen gehört. Mein Blutdruck gemessen. Irgendwann schneiden wir die Nabelschnur - das macht mein Mann, unser Sohn schaut zu. Jemand reicht mir einen Kakao. Mmh lecker. Es wird Tee gekocht. Viel passiert und dennoch ist es ruhig und leise. Ich kuschele mit unserem neuen Sohn.
Nach ca 1h meint Marnie ich muss jetzt die Plazenta rauspressen. Es sei fast eine Stunde und wenn ich sie natürlich haben will muss sie nun raus. Also setzte ich mich auf eine Art Geburtstuhl und versuche dass die Schwerkraft hilft. Unser Sohn ist bei meinem Mann auf dem Arm. Es passiert nicht richtig was und ich soll meinen Sohn wieder nehmen, wegen der Hormone. Und, voila!, sobald ich ihn wieder habe und presse kommt die Plazenta raus. Mein Bauch wird a gefühlt und die Plazenta beäugt und untersucht. Alles so wie es sein soll.
Durch den Vorhang sehe ich Licht. Nina räumt auf, langsam verwandelt sich der Raum wieder in ein Wohnzimmer. Wir ziehen die Vorhänge auf und es ist wunderbar hell. Guten Morgen! Irgendwer kocht ein leckeres Frühstück. Ich hatte mittlerweile 3 Tassen Kakao getrunken. Tat so gut! Nina und ich essen unser Frühstück auf dem Sofa. Unsere Hebammen machen weiterhin Papier Kram (die armen!). Baby wird nochmal untersucht. Ich frage wann wir ihn wiegen? Wann ich will! Ok, prima, dann jetzt. Also wird er gewogen. 3.52kg. Gemessen (unter Protest!) 53cm und ein KU von 37cm. Seine Hüften sind prima. Sein Zungenband nur ein bisschen ausgeprägt. Alles prima. Ich werde auch nochmal untersucht. Kein Riss, nur innen ein Kratzer der wohl beim Wasser lassen bisschen brennen könnte.
Ich rede mit Marnie und Nina über die Geburt. Wahnsinn. Ich fand es so toll. Wir lachen, erzählen. Sie meinten ich habe es toll gemacht. Ich bin so dankbar dass Marnie da war, obwohl sie gar keinen Dienst hatte! Sie wollte diese Geburt aber nicht verpassen und hatte Ashlea gebeten sie auf der privaten Nummer anzurufen.
Ich weiß nicht mehr wer zu erst geht. Ich glaube Sam. Sie kam später mit heißem Essen für uns zurück! Irgendwann machte Nina sich auch den Weg, und dann die Hebammen. Ich hab mich ins Bett gelegt zum ausruhen und kuscheln. Wir reden zu viert über die Geburt.
Ich weiß nicht ob sich ein "Tatsachen" Bericht so gut liest wie es sich angefühlt hat. Denn ich habe diese Geburt als unglaublich heilend gegenüber der ersten empfunden. Auch wenn ich am Anfang nicht geglaubt habe dass es echte Wehen waren, war ich den Rest der Zeit so intuitiv dabei. Ich habe alles so deutlich gespürt. Und auch wenn es kurze Momente des Zweifels gab, hat mich das nicht zurück gehalten und ich bin mit der nächsten Welle dann doch wieder richtig eingetaucht. Ich wusste ich kann es. Ich wusste mein Kind kann es. Und dass mein Körper genau das macht was er machen musste. Dieser Ur-Ton des Vertönens war so, ich weiß gar nicht wie ich es ausdrücken soll?, so kraftvoll, so urig. Als wenn ich in eine Weiblichkeit einklinke, die sich seit Menschenszeiten durch alle Frauen der Geschichte und der Welt zieht. Ich bin so unglaublich stolz. Fühle mich unverwundbar. Was für ein Erlebnis.
Mein Mann meinte nachher er sei nie so erleichtert gewesen überhaupt jemanden an der Haustür zu empfangen! Aber dass er auch wusste, dass es auch ohne Hilfe gegangen wäre. Wir hatten mit Marnie vor 3 Tagen geredet was wäre wenn es so schnell geht. Sie meinte, schnelle Geburten sind oft komplikationsfrei. Und daran hat mein Mann sich auch festgehalten. Er hat echt einen kühlen Kopf behalten. Und wow, ist er stolz auf mich. So so stolz.
Und mein Sohn? Ich bin so stolz auf ihn dass er dabei war. Am Abend hat er mir erzählt er sei froh dass Papa bei ihm war. Dass das Baby süß sei. Dass er so froh sei dass das Baby "bald" da war. Noch froher als ich, meinte er zu mir.
Wir leben uns gut ein. Ich warte auf die Milch, und der kleine wohl auch!
Er schläft sehr viel. Glaube nicht dass ich heute Nacht viel Schlaf bekomme, denn er war kaum wach! Weder Inn seiner ersten Nacht. Noch an seinem zweiten morgen. Macht nichts. Ich habe mir über die letzten Monate beigebracht Nickerchen zu machen. Hat ein bisschen gedauert aber jetzt hab ich den Trick raus! Jetzt ratzt er weiter auf mir während ich das schreibe. Es ist schon spät Nachmittag hier in Australien. Gleich gibt es Abendessen, dann ist Bettzeit für den großen. Soweit macht er es toll. Ist noch nicht eifersüchtig,nur bisschen müde - es war ein langer Geburts Tag. Und auch heute war der Tag schon lang.
Vielen Dank an meine Störchin, Poon!
*knutschen*
LG Mingle